Stehende Wellen

Stehende Wellen bilden sich durch Überlagerung zweier gegenläufiger, harmonischer Wellen gleicher Frequenz und Amplitude.

Dieses Phänomen findet sich zum Beispiel bei vollständiger Wellenreflexion an einem Hindernis.

Die Simulation zeigt eine nach rechts laufende rot eingefärbte Welle, die sich mit einer nach links laufenden grünen Welle überlagert. Da jeder Punkt nun sowohl von der roten als auch der grünen Welle ausgelenkt wird, ergibt sich als Summenauslenkung die blaue Welle.

Interessanterweise bleiben die Nullstellen der Summenwelle ortsfest. Deshalb der Name "stehende Welle". Die Nullstellen nennt man "Wellenknoten", die dazwischen liegenden starken Auslenkungen heissen "Wellenbäuche". Die Wellenknoten haben einen Abstand von einer halben Wellenlänge.

Bei einseitig oder beidseitig eingespannten Wellenträgern (Geigensaite, eingeklemmter Stab ) bilden sich nach entsprechender Anregung ebenfalls stehende Wellen. Die Knoten im Abstand einer halben Wellenlänge müssen sich nun so auf den Wellenträger verteilen, dass an den Fixierungen des Wellenträgers keine Bewegung stattfindet. Dies ist nur noch für einige wenige Wellenlängen möglich, die zugehörigen stationären Schwingungen heissen Eigenschwingungen. Die drei ersten Eigenschwingungen einer beidseitig eingespannten Saite sind in den folgenden Filmen dargestellt:

Man sieht, dass sich die Frequenzen und die Amplituden der Eigenschwingungen stark unterscheiden.

Je nach Wellenanregung (Zupfen, Streichen, Schlagen einer Saite) können diese Eigenschwingungen auch gleichzeitig schwingen, es kommt dann zur Überlagerung der Grundschwingung mit einer oder mehreren Oberschwingungen:

Auch in der letzten Animation sind die einzelnen Schwingungen noch separat erkennbar. Wenn mit dieser Saitenbewegung Schallwellen erzeugt werden, dann entsteht der Grundton und die Obertöne entsprechend den aktiven Eigenschwingungen der schwingenden Saite.

Eine Frequenzanalyse des erzeugten Klanges zeigt dann, dass der Grundton am lautesten ist und die Obertöne ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz besitzen. Die Obertöne haben aber wegen der höheren Saitenspannung kleinere Amplituden. Der Grundton erzeugt die Tonhöhe und die Obertöne die Klangfarbe. Hier gelangt man in das Gebiet der Fouriersynthese, das im Kapitel Schwingungen erklärt wird.


Auch bei mehrdimensionalen Wellenträgern (ebene Membran, Hohlraum) sind wegen der Reflexionen an den Rändern stehende Wellen möglich. Die Knoten sind nun Linien oder Flächen, ihre Abstände sind immer noch gleich der halben Wellenlänge. Man redet dann oft von Eigen- oder Resonanzschwingungen, deren Frequenzen, sich errechnen lassen, wenn man die Halbwellen der stehenden Wellen in den Raum einpasst.

Eine allseitig eingespannte Membran (zB einer Trommel) kann beispielsweise auf folgende Arten schwingen:

Wenn die Membran nicht eingespannt ist, sehen die Eigenschwingungen zum Beispiel folgendermassen aus.

Wenn auf eine solche Membran Salz oder ähnliches gestreut wird, dann sammelt sich das Salz auf den Knotenlinien an:

Auch die meisten Resonanzkörper zur Schallverstärkung schwingen auf ähnliche Art mit.

Stehende Wellen im Raum kommen zum Beispiel bei Schallwellen innerhalb eines Resonators vor. Etwa die Erzeugung des Tons einer Flöte beruht auf harmonischen Druckschwankungen, die beim Lufteinlass erzeugt wird. Danach vollführt die ganze Luftsäule stehende Longitudinalwellen, falls wiederum die Länge des Hohlraums stehende Wellen der entsprechenden Frequenz zulässt. Einige Beispiele sind unten gezeigt. Beachten Sie, dass die Geschwindigkeitsknoten und die Luftdruckknoten nicht am selben Ort liegen.Grundschwingung einer offenen Flöte:

Erste Oberschwingung einer offenen Flöte:

Grundschwingung einer geschlossenen Flöte:

Erste Oberschwingung einer geschlossenen Flöte:

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